Montag, 3. August 2015

Erste Eindrücke

Wo fange ich bei meinen ersten Eindrücken nur an? Sollte ich mit den ersten Eindrücken, die ich hier in Bosnien gemacht habe, anfangen oder doch schon mit denen, die ich als Freiwillige bereits vorher in der Heimat machen konnte? Ich schätze der gesamte Vorbereitungs- und Abreisestress gehört dazu. Eine kleine Übersicht kann also nicht schaden:

Prä-Abreisephase (4 Wochen vorher)

Kaum hält man sein Abizeugnis in der Hand, wird einem erst bewusst, dass es nun keinerlei Schutz mehr vor der weiten, unberechenbaren Zukunft mehr gibt. Als Freiwillige deren Abreisetermin schon feststand und die somit noch ein Jahr Schonfrist genießt, fühlt man sich entgegen seiner planlosen Freunden, die Bewerbungen losschicken, Wohnungen suchen und ihr Leben planen müssen, ziemlich entspannt und ausgeglichen. Das einzige, was leicht nervte, doch das kann auch nur an mir liegen, sind die Leute, die ständig mein Reiseziel missverstanden.
Kurzes Beispiel
Random Person: Ohhh, ein Jahr im Ausland? Wo geht’s denn hin?
Ich: Bosnien
Random Person: OHHH, Brasilien! (Holt Luft, um irgendeine Geschichte aus diesem sehr bekannten Land zu erzählen)
Ich: Nein, Bosnien! 

Random Person: Ohhhh... (betretenes Schweigen)
Wohlgemerkt: Nicht alle Leute haben so reagiert, doch die meisten haben erst aufgehört mir verwirrte Blicke zuzuwerfen, wenn ich erklärt habe, dass ich in Bosnien ein Soziales Jahr mache und nicht einfach nur so dorthin reise. Ich wurde dann nicht mehr angestarrt, als sei ich geistig labil, jedoch musste ich jedes Mal die Frage beantworten, wie ich denn auf Bosnien gekommen sei. Ich muss zugeben, es war wirklich nicht mein Top-Wunsch-Ziel, aber mal ernsthaft; Warum ist Bosnien denn ein so unglaubliches Reiseziel? Vielleicht ergibt sich die Antwort während meines Jahres hier ja noch...

Abreise-Phase (5 Tage vorher)

Langsam ging’s in die „heiße Phase“. Bei mir als Last-Minute-Packerin und erkundungsfreudiger Tennager bedeutete das: Koffer packen aufschieben und ein schlechtes Gewissen haben, weil alle um mich herum ihre emotionalen „Bald-geht-sie-weg“-Momente hatten, meine Gedanken jedoch bereits komplett bei meinem Auslandsjahr waren. Für mich war das eine ziemlich entspannte Zeit, die ich mit Freunden verbrachte und in der ich versuchte mir einen einjährigen Vorrat an Kinderschokolade in wenigen Tagen anzufressen (schließlich muss ich auf die ja vorerst verzichten). Die von mir erwartete Panik blieb aus.

Erste Abreise (2 Tage vorher)

Ich hätte erwartet, dass meine letzte Nacht in meinem heißgeliebten Bett der Nacht vor meiner Matheabiklausur ähneln würde: Wach im Bett liegen, versuchen regelmäßig zu atmen, nicht zu weinen und im Endeffekt doch aufgeben und nochmal alles durchgehen. In der Nacht kriegte ich echt kein Auge zu, jedoch nicht auf Grund von Stress verursachter Übelkeit und Schweißausbrüchen, sondern weil ich meine Sachen noch packen musste. (Kleiner Tipp für die Zukunft: Für ein ganzes Jahr ohne Packliste und am Abend vorher zu packen, ist wirklich semioptimal)
Hat aber alles geklappt und ich war schließlich doch pünktlich am Bahnhof, um nach München zu fahren.

Zweite Abreise (1 Tag vorher)

Auch in meiner letzten Nacht in Deutschland schlief ich selig auf dem Gästebett meiner Familie in München. Aufregung verspürte ich nicht, aber Freude darüber meine letzte Zeit in der Heimat noch mit meinen sehr süßen Cousinen und meinem coolen Onkel und meiner coolen Tante verbringen zu können. Die erste Situation, in der mein Körper sich mal dazu bequemte, Adrenalin durch meine Arterien zu pumpen, ergab sich, als Julian (mein Mitfreiwilliger/ Mitbewohner) und ich bereits im Bus nach Tuzla standen. Betonung hierbei ganz klar auf STANDEN. Sitzplätze gab es leider keine mehr. So wurden wir wieder aus dem Bus gescheucht und unser Gepäck wurde uns wieder in die Hand gedrückt. Erst als der Busfahrer zu uns sagte: „Warten Sie hier, es kommt gleich noch ein zweiter Bus“, konnte ich mich wieder etwas entspannen.
Mega gemütlich: 14 Stunden Reisebus
Wir machten es uns also im Bus so gemütlich, wie es eben möglich war, unterhielten uns ein wenig mit den anderen Fahrgästen und ich versuchte einer ziemlich skurrilen bosnischen Komödie mit ausufernden Verfolgungsjagden, klischeehaften Amerikanern mit Revolvern und gelegent- lichen Gesangseinlagen inklusive Musikvideos zu folgen. Nach 12,5 Stunden Fahrt, 2 Stunden Wartezeit an der kroatischen Grenze und gefühlt 104 Beinkrämpfen erreichten wir nun also Tuzla und direkt erwartete uns der erste Kulturschock, als zwei kleine Mädchen über den Busbahnhof liefen, um das Gepäck schlichen und um Geld bettelten. Nachdem wir an so vielen deutschen Geschäften wie Deichmann und DM vorbeigefahren waren, war das wohl der Moment, in dem ich bemerkte, dass es wohl doch größere Unterschiede zwischen Deutschland und Bosnien gibt. Mehr solcher Momente sollten folgen...

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